«Die Kamille ist ein Multitalent unter den Arzneipflanzen.»
Phytotherapie
Phytotherapie - mit Pflanzen heilen
In der Phytotherapie werden die Arzneipflanzen anhand der überlieferten Wirkungsweise aber auch unter Berücksichtigung von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der modernen Pharmakologie und Medizin angewendet.
Die Phytotherapie gehört in allen Ländern und Kulturen zu den ältesten medizinischen Therapien, die die Menschheit kennt. Bis heute enthalten die Namen der Pflanzen häufig einen Hinweis auf ihre medizinische Wirkung, wie zum Beispiel der lindernde Augentrost (Euphrasia officinalis) oder der Beinwell (Symphytum officinalis), der bei verschiedensten Verletzungen und Brüchen des Gebeins (Knochen) schon bei den alten Rittern sehr hilfreich war.
Es darf vermutet werden, dass bereits in der Jungsteinzeit Heilpflanzen therapeutisch verwendet wurden. Archäologische Funde lassen vermuten, dass das Wissen um die Heilkraft der Pflanzen schon Jahrtausende alt ist. Schon Hippokrates (460 v. Chr.) bestätigte, dass die Heilpflanzen den grössten Arzneischatz eines Arztes darstellen.
Seit dem Frühmittelalter wurden von den Klöstern Hospitäler betrieben und der Begriff Klostermedizin entstand. Sie prägte einen grossen Teil der europäischen Medizingeschichte, die in wesentlichen auf Ansätzen der antiken Humoralpathologie von Hippokrates und Galen (131 n.Chr.) beruht.
Kaiser Karl der Große (747-814) förderte in seiner Zeit sehr stark die Entwicklung der Heilpflanzenkunde. Im capitulare de villis wurde der Anbau von Heilpflanzen in Klöstern und Städten verbindlich bestimmt. Das älteste erhaltene Buch der Klostermedizin - das Lorscher Arzneibuch - und der sogenannte St. Gallener Klosterplan - ein detaillierter Anbauplan für 16 Arzneipflanzen - stammen aus dieser Zeit.
Der Abt von Reichenau, Walahfrid Strabo (808 – 849) beschreibt in seinem Hortulus 26 Heilpflanzen in Gedichtform, damit die Schüler das Wichtigste zur Pflanze und ihrer Wirkung leichter lernen und behalten sollten.
Hier ein Beispiel:
RETTICH
Hier der Rettich mit mächtiger Wurzel und von seiner Blätter
Breitem Dach überhöht, ist im letzten der Beete zu sehen.
Ziemlich scharf ist die Wurzel, gegessen besänftigt sie aber
Husten, der dich erschüttert, und Trank aus zerriebenen Samen
Heilet gar oft das Leiden derselben verderblichen Krankheit.
Innerhalb der Klostermedizin sammelte sich über die Zeit sehr viel Erfahrungswissen im Umgang mit den Heilpflanzen an, sowie Kenntnisse aus der Volksmedizin und den Erfahrungen von Hebammen, Badern und Scherern. Der Höhepunkt findet sich in den Werken von Hildegard von Bingen (1098-1179), die jedoch in Ihrer Zeit weniger bekannt war als heute. Der Begriff „Hildegardmedizin“ wurde erst in neuerer Zeit geprägt. Die von ihr verfassten Abhandlungen Causae et Curae - Ursachen und Heilung - und Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum - Buch über das innere Wesen der verschiedenen Kreaturen und Pflanzen – enthalten sehr viel über das damalige Wissen von Krankheiten und Heilpflanzen aus der griechisch-lateinischen Tradition. Dieses brachte sie mit dem Wissen der Volksmedizin zusammen und benutzte erstmals die volkstümlichen Pflanzennamen.
Sehr modern war die im 10. Jahrhundert entstandene Schule von Salerno (Schola medica Salernitana), eine Einrichtung des Klosters Monte Cassino. Eigentlich als Hospital für die kranken Ordensbrüder gedacht, brachten aber bald Schiffe Erkrankte aus aller Herren Länder nach Salerno. Es entwickelte sich eine Art Hochschule, bei der auch Frauen als Schülerinnen, aber auch als Lehrerinnen zugelassen waren.
In der traditionellen wie in der modernen Phytotherapie wird die ganze Pflanze oder Teile der Pflanze wie Blatt, Blüte, Wurzel, Frucht oder Samen sowie deren Zubereitungen verwendet. Grundlage der Phytotherapie ist die Kenntnis der Heilpflanzen, sowie deren Pharmakologie inklusive Toxikologie und Pharmazeutik. In die moderne Phytotherapie fliessen sowohl traditionelles Wissen um alte Rezepte, wie auch neu kombinierte individuelle Zusammenstellungen, die sich einer wissenschaftlichen Überprüfung ihrer Wirkung und Wirksamkeit unterziehen.
Die Phytotherapeutika können nach Gesichtspunkten der konventionellen Medizin ausgewählt und angewendet werden. Zum Beispiel sind Pflanzen mit antiphlogistischer, spasmolytischer, antitussiver oder adstringierender Wirkrichtung bekannt. Daneben wird die Phytotherapie aber auch aus verschiedenen Denkansätzen heraus verwendet (Traditionell chinesisch, traditionell europäisch, Erfahrungswissen der Volks- oder Klostermedizin, Signaturenlehre, etc.)
Durch chemische- und pharmazeutische Untersuchungen und Extraktionsverfahren konnten viele Inhaltstoffe von Pflanzen sowie ihre chemische Struktur nachgewiesen werden. Dabei wird zwischen primären - und sekundären Pflanzenstoffen unterschieden.
Bei den primären Pflanzenstoffen handelt es sich um Kohlehydrate, Fette und Proteine, die direkt für den Stoffwechsel der Pflanze als Energielieferant, Strukturbaustein oder Speicherstoffe dienen. Daneben gibt es die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, die für die Pflanze nicht direkt essentiell sind und sich entwickelt haben, um sich unter anderem gegen Fressfeinde aber auch Mikroorganismen zur Wehr zu setzen. Es handelt sich zum Beispiel um Gerbstoffe, Flavonoide, Saponine, ätherische Öle, Alkaloide, Bitterstoffe, Glykoside und Schleimstoffe.
Meist wird die potentielle Wirkung einer Heilpflanze auf die Wirkung ihres Hauptinhaltsstoffes bezogen. Allerdings enthält die Pflanze höchstwahrscheinlich ein in sich ausgewogenes Gemisch an Inhaltsstoffen, wobei die Wirkung der ganzen Pflanze meist der Wirkung seines Hauptinhaltsstoffes überlegen ist.
Die pflanzlichen Ausgangsstoffe, soweit diese nicht auch als Gewürz oder Zutat zur Ernährung dienen, werden vor Ihrer Anwendung in eine galenisch verwertbare Form gebracht. Es gibt hierfür die verschiedensten Möglichkeiten.
Die einfachste Zubereitungsmethode von Heilpflanzen ist ein Infus - der Teeaufguss. Es handelt sich hierbei um einen einfachen Wasserauszug. Grundsätzlich gilt, dass Blüten und Blätter meist nur kurz mit heißem Wasser überbrüht werden. Bei der Verwendung von Kraut oder Wurzel hingegen kann ein Kaltauszug (Ansatz mit kaltem Wasser) mit anschließendem Auskochen notwendig sein.
Bei Extrakten und Tinkturen werden die Inhaltsstoffe mit alkoholischen Extraktionsmitteln ausgezogen.
Darüber hinaus gibt es auch Urtinkturen und ölige Pflanzenauszüge, welche beide meist aus Frischpflanzen gewonnen werden. Aus traditioneller Anwendung kennt man aber auch medizinische Weine und Sirupe.
Bis Mitte des letzten Jahrhunderts waren pflanzliche Wirkstoffe noch Bestandteil der medizinischen Behandlung und wurden mit der modernen synthetischen Pharmakologie zurückgedrängt. Inzwischen erlebt die Phytotherapie auch durch vermehrte, evidenzbasierte Studien eine Art Renaissance sowohl in der Medizin als auch in der Tiermedizin.
Phytotherapie hat unserem Chihuahua Willy wunderbar geholfen
«Willy hatte immer wieder Furunkel am Pfötchen. Durch die phytotherapeutische Behandlung unter kundiger Leitung unserer Tierärztin konnte Willy ein operativer Eingriff erspart werden. Und dies alles ohne Einsatz von Antibiotika! Ein grosses DANKE von Willy und seinem Herrchen und Frauchen.»
Verena und Martin Jörg mit Willy, Chihuahua
Weiterführende Links und Informationen
Weiterbildungsreglement Fähigkeitsausweis Veterinärphytotherapie GST